11.02.2018

Training A für ein besseres räumliches Vorstellungsvermögen - Hast Du die geometrische Billard-Frage gelöst?









Hier nochmal kurz die geometrische Fragestellung A zum Billardspiel (mehr Details und eine weitere mathematische Fragestellung B in meinen Blogeintrag von letzter Woche):



Jan und Krista wollten sich für ihr zweites Billardspieltreffen etwas vorbereiten und einige einfache Kugelbewegungen ohne Effet explorativ auf einem Blatt Papier untersuchen, um so ihr räumliches Vorstellungsvermögen zu trainieren und ein besseres Auge für die richtige Stoßrichtung zu haben.

Sie haben bereits vor kurzem die physikalische Hauptgrundlage des Billardspiels kennengelernt - das Reflexionsgesetz -,  und möchten nun folgendes klären:

Fragegruppe A: Wie kann man leicht die richtige Stoßrichtung in folgende drei Fälle ohne Effet herausfinden und auf einen Blatt Papier einzeichnen? Und zwar ohne rumprobieren, so wie ein erfahrener Billardspieler sie gedanklich herausfindet.
      
Fall 1 - Billardstoß über eine Bande
       
Fall 2 - Billardstoß über 2 Banden
    
Fall 3 - Billardstoß über 3 Banden
















Hängt der Schwierigkeitsgrad der Realisierung von der Auswahl der Banden? Könnte man vielleicht den Stoß in Fall 3 nicht einfacher über eine andere Bandenreihenfolge realisieren? Warum?

Hier eine mögliche Vorgehensweise zur Lösung:

Wir können erstmal von der weißen Kugel aus eine Strecke zu einem beliebigen Punkt im mittleren Bereich der rechten Innenbande zeichnen, den Winkel zwischen dem einfallenden Laufweg und der Innenbande messen und dann den Laufweg nach dem Stoß an der Wand durch Übertragen des gemessenen Winkels einzeichnen. Der Ausfallswinkel ist ja gemäß dem Reflexionsgesetz gleich dem Einfallswinkel.
Da wir es nicht geschafft haben, die rote Kugel mit unserem eingezeichneten Laufweg zu treffen, müssen wir die Stoßrichtung etwas ändern und auf der gleichen Weise den neuen Laufweg nach dem erneuten Abprallen finden.

Abb.4 - Suche nach dem richtigen Einfallswinkel

Durch systematisches Verändern des Einfallswinkel können wir zuletzt die richtige Stoßrichtung finden.

Abb. 5 - Jetzt haben wir es geschafft! Der mittlere Laufweg der weißen Kugel trifft die rote Kugel in der Mitte

Wir sind aber mit diesem Verfahren nicht zufrieden. Wir wollten ja ohne rumprobieren die richtige Stoßrichtung finden! Wir müssen also etwas weiter in der Untersuchung vordringen und uns etwas einfallen lassen...

Nebst dem Reflexionsgesetz haben wir sicherlich schon einige weitere Erkenntnisse der Optik im Physikunterricht der Schulstufen 7/8 gewonnen und vielleicht erinnern wir uns auch noch, wie ein Bild bei einem ebenen Spiegel entsteht:
Abb.6 - Bildentstehung beim ebenen Spiegel

Wie aus Abbildung 6 ersichtlich ist, werden alle von einem Punkt P auf einen ebenen Spiegel fallende Strahlen gemäß dem Reflexionsgesetz reflektiert und so, als ob sie von einem zu P in Bezug auf dem Spiegel symmetrischen Punkt P' kämen. P' ist das Bild von P, das wir im Spiegel sehen.

Abbildungen 5 und 6 sind sehr ähnlich, vor allem, wenn wir die divergierende Laufwege der weißen Kugel nach hinten verlängern und am Konvergenzpunkt ein Bild der weißen Kugel denken/einzeichnen:

Abb. 7 - Verlängerung nach hinten der divergierende Laufwege und Lage der gedachten Bilder der zwei Kugeln


Diese Ähnlichkeit ist nicht verwunderlich, da ja beide Abbildungen (Abb. 6 und Abb. 7) das Reflexionsgesetz illustrieren. Der Laufweg ist außerdem umkehrbar (rot soll weiß treffen) und wir können uns dementsprechend auch ein Spiegelbild der roten Kugel denken.

Mit dieser Erkenntnis können wir die Suche nach der richtigen Stoßrichtung sehr vereinfachen. Man muss sich einfach das Spiegelbild der roten Kugel denken und sie dann anspielen, um die rote Kugel zu treffen. Hier eine Skizze zum Spiel über eine Bande (Fall 1):


Abb.8 - Skizze zur Spiegelung der roten Kugel bei einem senkrecht stehenden Spiegel
und Illustration des Spiels über eine Bande


Fall 2:

Um einen Stoß über zwei Banden erfolgreich zu spielen, müssen wir das Spiegelbild der roten Kugel nochmals an der zweiten anzuspielenden Bande spiegeln:

Abb 9 - Skizze zur Spiegelung der roten Kugel an zwei senkrecht stehende Spiegel/Ebenen
und Illustration des Spiels über zwei Banden
Diese Spiegelungen können wir leicht zweidimensional zeichnen, indem wir die relevanten Punkte (Kugeln und Ecken der Spielfläche) an die zwei Innenband-Ebenen (Innenband-Linien in unserer zweidimensionalen Draufsicht) spiegeln. Wenn wir anschließend den gewünschten Laufweg über zwei Banden in der Skizze einzeichnen, indem wir die Position der weißen Kugel (W) mit der Position des zweimal gespiegelten Bildes der roten Kugel (R'') verbinden, erhalten wir folgende zweidimensionale Skizze zum Spiel über zwei Banden:
Abb. 10 - Skizze zum Spiel über zwei Banden
Links unten in Abbildung 10 befindet sich die grüne Billardspielfläche, in der wir auch den tatsächlichen Laufweg der weißen Kugel vor ihrem Stoß mit der roten Kugel eingezeichnet haben. Rechts unten liegt das Spiegelbild vom Billardtisch mitsamt Kugeln an der rechten Innenbandebene (mittlere vertikale Gerade in unserer Draufsicht).  Im oberen Teil der Skizze finden wir die Spiegelung Wo' und Ro' von W und R an der oberen Innenbandebene und die Bildpunkte W'' und R'', die man durch Spiegelung von Wr' und Rr' an der oberen Innenbandebene (mittlere horizontale Gerade) oder auch durch Spiegelung von Wo' und Ro' an der rechten Innenbandebene erhält.

Diese Auffaltung des Laufweges in einem Gitter rechteckiger Billardtisch-Spiegelbilder ist auch besonders praktisch für eine graphische bzw. visuelle Untersuchung der verschiedenen Spieloptionen bei einer bestimmten Kugelkonstellation, wie in dem folgenden Fall ersichtlich wird.

Fall 3:

Bei einem Spiel über drei Banden können wir die Spiegelbild-basierte Vorgehensweise analog anwenden und erhalten folgende graphische Darstellung des Laufwegs, wenn der erste Abprall an der rechten langen Innenbande erfolgen soll:

Abb. 11 - Skizze zum Spiel über drei Banden


Aber ist das die beste Auswahl? Könnten wir vielleicht die rote Kugel über andere drei Banden leichter erreichen? Die Gitterdarstellung aller möglichen 3-Bandspiel-Varianten (geradlinige Verbindungen zwischen W und die verschiedene dreifach gespiegelte Punkte R''') erweist sich als sehr nützlich für die Beantwortung dieser Fragen.

Abb.12 - Gitterdarstellung der 4 möglichen 3-Bandspiel- Varianten (blau).
Für Vergleichszwecke sind auch Laufwege bei einem Spiel über zwei (rot) und eine Bande (grün) dargestellt worden.
Zur besseren Übersicht sind die Rechtecke leicht grün getönt, die gleich wie das ursprüngliche (dunkelgrün) liegen.


Aus der oberen Skizze können wir schnell entnehmen, dass einige Spielvarianten geometrisch gesehen leichter auszuführen sind. Bei der gegebenen Kugelkonstellation ist z. B. die Spielvariante lange linke (L) - obere kurze (O) - lange rechte (R) (dunkelblauer Laufweg) schwieriger auszuführen als die R-O-L-Variante (hellblauer Laufweg), weil man bei der ersten Variante die gedanklich dreifach gespiegelte rote Kugel R''' sehr leicht mit der einfach gespiegelten Kugel R' verwechsel kann.
Die zwei mittelblaue nach unten gerichtete Laufwege sind theoretisch realisierbar, aber sie zwingen dem Billardspieler eine unbequemere Körperhaltung einzunehmen, die ihm sicherlich verhindert den Stoß gut zu kontrollieren und die angebrachte Kraft aufzuwenden.
Aus Abb. 12 können wir weiterhin entnehmen, dass bei der gegebenen Kugelkonstellation ein L-O-Spiel (dunkel roter Laufweg) nicht realisierbar ist, weil die dazu genötigte Stoßrichtung mit der eines direkten Stoßes der weißen auf der roten Kugel übereinstimmt.

All diese dargestellte Beispiele zeigen, dass ein trainiertes räumliches Vorstellungsvermögen für die richtige Lokalisierung der Spiegelbilder eine hilfreiche Orientierung für jeden Spieler sind.

Die Gitterdarstellung ist ein hilfreiches graphisches Lösungsverfahren, aber nicht exakt. Um die Richtung des Anstoßes und den Aufprallpunkt der Kugel an der Bande exakt zu bestimmen, ist eine mathematische Berechnung der Kugelbahn unentbehrlich. Das werden wir im nächsten Blogeintrag (Training B) durchführen.








03.02.2018

Training für ein besseres räumliches Vorstellungsvermögen beim Billardspielen - Kannst Du diese Billardfragen lösen?











Jan und Krista waren gestern im katalanischen Wanderclub und hatten dort die Gelegenheit, einiges über Billardspiele zu lernen:

  • Es gibt viele Billardspielarten
  • Billardspielen verlangt Geschicklichkeit, Konzentration, ein gut entwickeltes räumliches Vorstellungsvermögen und Übung
  • Mathematische und physikalische Regeln bringen die Kugeln zu einem wunderschönen Tanz
Hauptsächlich gelten folgende mathematisch-physikalische Gesetzmäßigkeiten:
  • Wenn man eine Kugel mittig anstößt, dann bewegt sie sich geradlinig und verhält sich beim Abprallen von einer Bande wie ein Lichtstrahl im Spiegel, das heißt, der Abprallwinkel ist gleich dem Einfallswinkel der Kugel.

Abb. 2 - Reflexionsgesetz (*)
  • Wenn man dagegen die Kugel nicht mittig anstößt, dann entstehen Drehungen um Hoch und Querachse und die Kugel kann dann im Bogen rollen und das Reflexionsgesetz nicht befolgen. Man sagt dann die Kugel bewegt sich mit Effet (oder Drall).
* Anmerkung: In der Physik werden üblicherweise Einfalls- und Reflexionswinkel zum Lot hin gemessen, um so auch die Reflexion an einer krummen Fläche gut beschreiben zu können. Bei einer ebenen Reflexionsfläche, wie die Innenbanden unseres Billardtisches,  ist die Winkelmessung zwischen Bande und Laufweg äquivalent und erspart das Einzeichnen des Lotes bei einem graphischen Lösungsweg. 


Jan und Krista möchten sich für das nächste Mal etwas vorbereiten und einige einfache Kugelbewegungen ohne Effet explorativ auf einem Blatt Papier untersuchen, um so ihr räumliches Vorstellungsvermögen zu trainieren und ein besseres Auge für die richtige Stoßrichtung zu haben.

"Ein Billardspieler denkt sich die Zielkugel an der Bande gespiegelt und zielt dann präzise auf das gedachte Kugelbild", sagte ein Mitglied des katalanischen Wanderclubs.

Das möchten Jan und Krista besser verstehen. Sie arbeiten jetzt daran und möchten die Kugelbewegung in drei verschiedene Fälle untersuche, wissen aber noch nicht, wie man leicht - ohne rumprobieren - die richtige Stoßrichtung und den angebrachten Anschlagpunkt an der Bande einschätzen kann.

A) Kannst Du auf einem Blatt Papier veranschaulichen, wie ein erfahrener Billardspieler die richtige Stoßrichtung in folgende drei Fällen (siehe Abb. 3 bis 5) leicht herausfinden kann?

Fall 1:
Abb. 3 - Billardstoß ohne Effet über eine Bande







Die weiße Kugel soll die rote Kugel über die rechte Bande erreichen. Doch welche ist hier die richtige Stoßrichtung und wie findet ein Billardspieler an welcher Stelle die Bande angespielt werden muss?










Fall 2:
Abb. 4 - Billardstoß ohne Effet über 2 Banden





Die weiße Kugel soll nun die rote Kugel über zwei Banden treffen. Welche ist nun die richtige Stoßrichtung?














Fall 3:
Abb. 5 - Billardstoß ohne Effet über 3 Banden





Und wenn der Stoß über drei Banden erfolgen soll?
Hängt der Schwierigkeitsgrad der Realisierung von der Auswahl der Banden? Könnte man diesen Stoß nicht einfacher über die linke und dann untere und rechte Banden realisieren? Warum?












B) Die Lage der Kugeln in Abb. 3 scheint symmetrisch zu sein. Jan und Krista vermuten daher, dass der ideale Stoßpunkt sich in der Mitte der rechten Innenbande befindet.

Könntest Du das überprüfen und die exakte Lage des Stoßpunktes mathematisch herleiten, damit die weiße Kugel die rote nach dem Abprallen von der rechten Innenbande trifft?

Dafür kann man die Spielfläche samt Kugeln in ein Koordinatensystem übertragen und z. B. folgende Koordinatenpunktwerte für die Tischecken berücksichtigen (s. Abb. 6), da normaler Weise ein Billardtisch doppelt so lang wie breit ist.
Abb. 6 - Billardtisch mit
Koordinatensystem

Im mathematischen Modell sollen weiterhin folgende Bedingungen gelten:
  • Die Spielfläche ist exakt eben und die Kugel wird zentral angespielt. Die Kugel bewegt sich folglich geradlinig und ändert ihre Bewegungsrichtung entsprechend dem Reflexionsgesetz, nachdem sie elastisch gegen eine Bande stößt.
  • Die Reibung zwischen Kugel und Tisch wird zur Vereinfachung vernachlässigt. Wir müssen uns folglich nicht darum kümmern, ob sie vorzeitig zum Stehen kommt.
  • Die Kugeln werden zu Punkte reduziert, da auch kein Effet zu berücksichtigen ist.

Die Vorgehensweise zur Berechnung des Stoßpunktes an der x=1 Bande (linke Innenbande) ist frei auswählbar (je nach Lernstand):
  • Ab der 9. Klasse: Mit Hilfe der linearen Funktionsgleichungen zweier Geraden
  • Ab der 11. Klasse: Optional mit Hilfe von Vektorgleichungen


Viel Spaß am Training!

Die Lösung zur Fragengruppe A kannst Du HIER finden.
Die Lösung zur Fragengruppe B kannst Du im darauffolgenden Blogbeitrag finden.